von Prof. Stella Williams
Cornelia E Nauen, Vorsitzende von Mundus maris, begrüßte die Teilnehmer und eröffnete den Workshop im einladenden Konferenzraum des Instituts für Soziologie an der ULB. Die Weichen für die Diskussion stellend erinnerte sie daran, dass Mundus maris im wesentlichen die Mobilisierung der Wissenschaften und Künste in einer kreativen Spannung zum Inhalt hat, um so ein besseres Verständnis der uns umgebenden Welt zu ermöglichen. Die Wissenschaft sagt uns eine Menge darüber, wie weit die Menschheit bereits den Haushalt dessen überschritten hat, was die Natur in einem Jahr zu produzieren und zu regenerieren imstande ist. Im vergangenen Jahr war der Tag des ökologischen Overshoot der 22. August. Das bedeutet, dass die Ressourcen, die für den Rest des Jahres 2012 verbraucht wurden, einen Kredit auf das Jahr 2013 darstellen. Das Land und das Meer, die die Existenz unserer Zivilisation ermöglichen, sind in vielen Teilen der Welt überausgebeutet und überfischt und mit Produktions-und Konsummustern überzogen, die nicht nachhaltig sind.
Charles Hopkins von der University York, in Toronto, Kanada, und UNESCO-Lehrstuhlinhaber für "Neuausrichtung der Lehrerbildung zur Nachhaltigkeit", hatte 2011 in einem frühreren Workshop darauf hingewiesen, dass die Bildungskonzepte in vielen industrialisierten Ländern nicht zu einem Übergang zum friedlichen Zusammenleben miteinander und mit unserem Planeten führen. Der ungehemmte Konsum in diesen Ländern spiegelt vielen Kindern und Jugendlichen ein Zerrbild vor. Bildung in den sogenannten Entwicklungsländern, die sparsamer bei der Verwendung der Mittel waren, hat aber andere Mängel. Sie könnte aber eine wertvolle Lern-Basis sein, und gleichzeitig von mehr Austausch mit anderen Schulsystemen profitieren.
In einer wechselseitig abhängigen Welt mit unvorhersehbaren Klimawandel in einem Regime von deutlich über 2 oC Temperaturanstieg, sind neues Denken und neue Ansätze zur Erziehung erforderlich, um diese Unsicherheiten zu bewältigen. Wie können die nächsten Generationen es bewältigen, zusätzlich zwei Milliarden Menschen auf dem Planeten unterzubringen, und das bei gleichzeitiger Bereitstellung geeigneter Lebensbedingungen für alle Menschen und andere Organismen? Wie kann die Sanierung von heruntergekommenen Landflächen und marinen Ökosystemen erwirtschaftet werden, was ist dazu zu tun? Wie kann die Senkung des Energieverbrauchs um 80% bewältigt werden, so dass das Klimasystem nicht ganz aus der Bahn gerät? Wie kann das erforderliche technische Wissen und die überaus wichtigen sozialen Kompetenzen entwickelt werden, um die großen gesellschaftlichen Veränderungen in einer nicht-gewaltsamen Weise zu erreichen? Der jetzige Workshop bietet einen Gesprächsraum für Menschen mit unterschiedlichen Blickwinkeln zu den Themen als einen Beitrag, diese enormen Herausforderung zu meistern. Seitens von Mundus maris werden solide Orientierungen erwartet. Anstrengungen hin zu einer Erziehung für Nachhaltigkeit sollten im Zentrum des Interesses stehen. So soll der Wandel in diese Richtung unterstützt werden.
Paul Jacobs von SEDIF, dem Organisator des Campus Plein Sud an der Freien Universität Brüssel, analysierte kritisch mit den Teilnehmern die Entwicklungskonzepte, die die Forschung und die politische Anwendung seit den späten 1950er Jahren inspiriert haben. Mit der Entkolonialisierung kam der Begriff der Entwicklung auf, der auf industrieller Produktion und anderen importierten Modellen basierte. Dies erwies sich bald als unzureichend, wenn nicht sogar schädlich, für die ehemaligen Kolonien.
Der 1972 veröffentlichte Bericht des Club of Rome, "Die Grenzen des Wachstums" schlug viele Wellen, nicht zuletzt durch die Infragestellung des Entwicklungsmodells der Industrieländer und deren Auswirkungen auf globale Ressourcensituation und die Entwicklungsländer selbst. Fünfzehn Jahre später, 1987, ebnete der Brundtland-Bericht "Our Common Future" (Unsere gemeinsame Zukunft) den Weg für den Erdgipfel von Rio im Jahr 1992. Dieser brachte das Übereinkommen über die biologische Vielfalt hervor, das bis vor kurzem der internationale Vertrag war, den die meisten Ländern der Welt ratifiziert haben oder ihm beigetreten sind.
Nach dem Ende des kalten Krieges, in den 1990er Jahren, gab es eine stärkere Bewegung, um die Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern zu suchen, statt sie zu bevormunden. Es wurden sowohl die Gemeinschaft der Entwicklungshelfer in Frage gestellt, als auch ihreModelle, auf denen sich der Entwicklungs-Diskurs und dessen Praxis stützte. Ansätze der globalen und regionalen Handelssysteme und der zunehmend globalen Reichweite von transnational operierenden Unternehmen brachten neue Herausforderungen: wie können wir die Ziele sozialer Gerechtigkeit verfolgen, wie die Rechte auf ein menschenwürdiges Leben und den Schutz der natürlichen Umwelt gewährleisten, von der die Benachteiligten besonders abhängen?
Im neuen Jahrhundert wird die politische und wirtschaftliche Bühne zunehmend multipolarer und es verstärken sich die wechselseitigen Abhängigkeiten. Daraus resultieren neue Überlegungen, was die Entwicklung und insbesondere die nachhaltige Entwicklung bedeuten könnte, und wie die internationale Zusammenarbeit und Solidarität dazu beitragen kann, die negativen Seiten der Globalisierung besser einzudämmen. Hier eröffnen sich mehr als genug Felder für kritisches Denken, sowohl für diesen als auch andere Workshops.