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Campus Plein Sud 2013 findet vom 4. bis15. März 2013 an der Freien Universität Brüssel statt

Mundus maris - Wissenschaften und Künste im Dienst von Nachhaltigkeit asbl hat auch in der Ausgabe 2013 eine hohe Beteiligung im Programm von Campus Plein Sud beibehalten. Dieses Mal organisieren wir bzw nehmen an vier Veranstaltungen teil. Im 11. Jahr seines Bestehens konzentriert sich das Programm auf das Thema Land und Nachhaltigkeit, diesmal mit besonderem Augenmerk auf Landraub, die Interaktionen zwischen Sektoren und die Zukunft der Böden in den verschiedenen Kontinenten. Wir können sinnvoll beitragen, denn jeder zweite Atemzug, den wir tun, kommt aus dem Meer. Das Meer dient als Transportweg für Produkte des Landes und das Meer ist leider auch der Abladeplatz für gefährliche Konzentrationen von Umweltverschmutzung, die ihren Ursprung auf dem Land hat.

Von Anfang an war es das Ziel von Campus Plein Sud, die Campus-Gemeinschaft über die vielen Facetten der Entwicklung "im globalen Süden" zu informieren. So wollten die Organisatoren die von den Medien mit Elend oder Exotik oft karikaturesk beschriebenen Zustände durch ein nuancierteres Verständnis ersetzen. Der Klimawandel, der Welthandel und die Herausforderung der Nachhaltigkeit verdeutlichen mit Nachdruck globale Zusammenhänge. Der Kalender unserer Beiträge umfasst:

6. März 2013 - Offene Vorlesung von Prof. Paul Jacobs "Interaktion Land - Meer", 16h00-18h00, UD2.120, Solbosch Campus, Referentin Dr. Cornelia E Nauen

11. März 2013 - Internationaler Workshop "Bildung zu Nachhaltigkeit in einer wechselseitig von einander abhängigen Welt", 10h00-16h00, Institut für Soziologie, Salle Janne, 15. Etage, 44 ave. Jeanne, 1050 Brüssel.

13.März 2013 – NRO Forum, 11h00-17h00, Avenue Paul Héger-Solbosch Campus.

13. März 2013 - Film-Debatte im Kursus von Prof. Gemenne, 17h00-18h00, "Awa Seye – Anführerin der Frauen in der handwerklichen Fischerei im Senegal" und anschließende Diskussion mit der sozialen Aktivistin selbst, Saal AY2.108 - Solbosch Campus


 

 

Die offene Vorlesung von Prof. Paul Jacobs "Interaktion Land - Meer" wird für die beiden ersten Studienjahre angeboten.

Paul Jacobs führte in das Thema ein und stellte die Referentin Cornelia E. Nauen vor.

Der Vortrag war in vier Teile gegliedert:

Das Land und die Meere - die Grundlagen
Wussten Sie schon? (mit mehr Infos über die Wechselwirkungen)
Was sind die Folgen dieser Tatsachen?
Was können wir gemeinsam tun?

Die Präsentation stellte einige wichtige Daten über die grundlegende Verteilung von Land und Meeren sowie ihre Wechselwirkungen in den Küstengebieten voran.

Im zweiten Teil wurde diskutiert, was Ozeane und Land für uns in Bezug auf Nahrung, Obdach, Energie, Kommunikation, Klima und vieles mehr bedeuten.

Im drittenTeil der Präsentation wurden die größten Bedrohungen für die Ozeane erörtert, und zwar Überfischung, Klimawandel und Verschmutzung, besonders durch Kunststoffe. Diese Bedrohungen sind eng mit der Art der Landnutzung verflochten. Das kann man an Hand des landwirtschaftlichen Abflusses sehen, der zur Überdüngung (Eutrophierung) der Küstengebiete und zum Verlust von Oberboden aus nicht nachhaltiger Landnutzung führt. Diese Praktiken reduzieren nicht nur die landwirtschaftliche Produktivität, sondern können unter anderem auch mit Problemen der öffentlichen Gesundheit einhergehen. So provozieren z.B. häufigere Sandstürme Atembeschwerden.

Der Klimawandel betrifft Land- und Meeresorganismen mit Veränderungen der Verbreitungsgebiete. So beobachten wir bereits Bewegung in Richtung der Pole, da tropische und subtropische Zonen für einige Arten bereits für ihr Überleben zu warm werden.

Meeresverschmutzung, insbesondere Kunststoff-Abfall, ist weitgehend das Ergebnis von unsachgemäßen Deponien und schädlichen Praktiken. Wenn der Kunststoff im Laufe der Zeit in immer kleinere Fragmente zerfällt und dann von Meeresorganismen aufgenommen wird, die die Fragmente mit normaler Nahrung verwechseln, können diese bei vollem Magen verhungern. Dies führt schon jetzt zum Zusammenbruch von ganzen Vogelbeständen. Darüber hinaus kann es auch vorkommen, dass diese mit Plastik und anderen unerwünschten Molekülen verseuchten Meeresorganismen auf unserer Speisekarte landen.

Der letzte Teil des Vortrags konzentrierte sich auf die Arbeit von Bürgerinitiativen zum Schutz der Ozeane und nachhaltiger Landnutzung, er unterstreicht die Bedeutung von transparenten und leicht zugänglichen Forschungsergebnissen und den Wert bürgerschaftlichen Engagements.

Die Ausdehnung von Größe und Umfang der Land- und Meeresschutzgebiete zeigt Fortschritte, besonders wenn die Schutzmassnahmen auch ordnungsgemäß umgesetzt werden. Effektiv geschützte Bereiche werden von Ökologen und Ressourcen-Ökonomen gleichermaßen als eine Art Versicherung für den Umgang mit Veränderungen betrachtet. Sie helfen, die Integrität der Meeres- und Landökosysteme zu schützen und damit die Aufrechterhaltung des Lebens wie wir es auf der Erde kennen zu gewährleisten. Mehr Räume vor direkter menschlicher Ausbeutung zu schützen, bedeutet die tatsächliche Durchführung von bestehenden internationalen Abkommen und Empfehlungen wie das Übereinkommen über die Artenvielfalt (CBD). Allerdings sind diese und andere internationale Entscheidungen noch nicht alle wie vereinbart umgesetzt. Zur besseren Durchsetzung der bestehenden Gesetze, Verordnungen und internationalen Abkommen sind Bürgerinitiativen und die internationale Zusammenarbeit unerlässlich.

Einige Aktionen der Arbeit von Mundus maris zur Nachhaltigkeit, Bildung und Praxis waren daraufhin angelegt, die Machbarkeit und Zweckmäßigkeit des kritischen Denkens und bürgerschaftliches Engagements zu fördern. Kritisches Denken ist umso wichtiger, als viele Fragen nur von einer dominanten Perspektive aus betrachtet werden, die die Probleme nicht ausreichend erfassen kann. Ein Beispiel dafür ist die Bevorzugung der Politik von industriellen Formen der Nahrungsmittelproduktion, ob im Meer oder auf dem Land. Dies spiegelt sich darin wider, was in nationalen und internationalen Statistiken erfasst wird (und eben auch nicht). Die laufende Rekonstruktion von wirklichkeitsnahen Fischerei-Produktionsdaten, für jedes Land, durch das Sea Around Us-Projekt ist ein Beispiel dafür, wie groß der Fehler in der Erfassung der Realitäten ist. Die Rekonstruktionen machen klar, dass die sogenannte "kleine Küstenfischerei" viel wichtiger ist als was in den offiziellen Statistiken zum Ausdruck kommt. Diese geben somit ein falsches Bild, das dann zu Misdeutungen und falschen Entscheidungen führt. Was die Lebensmittelproduktion auf dem Land angeht, so gibt es zahlreiche Anzeichen, die auch darauf hindeuten, dass kleine bäuerliche Produzenten wichtiger für die allgemeine Versorgung sind als die offiziellen Statistiken glauben machen.

Klicken Sie hier: die powerpoint Darstellung der offenen Vorlesung (in franz.).

Die anschließende Diskussion berührte einige wichtige Themen der Land-Meer-Interaktion, die in der Kürze der Zeit noch nicht zur Sprache gekommen waren. Eine Frage, behandelte beispielsweise die Rolle der Aquakultur. Die Produktion von Organismen auf niedrigem Niveau im Nahrungsnetz (zB. Pflanzenfresser und Plankton-filternde Tiere) würde die Übergänge zu einer nachhaltigen Nahrungsmittelproduktion in den Meeren erleichtern. Die Produktion von Tieren auf hohem trophischen Niveau im Nahrungsnetz (zB. große Raubfische und alle Arten von Fleischfressern) vertieft dagegen noch die Situation der Überfischung.

Die Schlussfolgerung war, dass viele ökologische, soziale und wirtschaftliche Indikatoren ein stark negatives Bild zeichnen. Dagegen sind internationale Zusammenarbeit und bereits bemerkenswerte Bürgermobilisierung, ordnungsgemäße Strafverfolgung bei Nichteinhaltung der Gesetze und gute Regierungsführung ausgeprochen nützlich und sind sinnvolle Ansätze, um endlich aus der Krise herauszukommen.

 


 

Das NRO-Forum - ursprünglich auf der zentralen Campus Straße im Freien geplant - musste wegen des Winterwetters im Universitätsgebäude abgehalten werden. Das Mundus maris Team bestand aus Aliou Sall, Stella Williams, Awa Seye und Cornelia Nauen, die zusammen die Besucher mit Information und Material versorgten.

Der Slogan über den Schutz von Babyfischen wurde gut aufgenommen und verstanden. Das Fischlineal (fish-o-meter) für die Nordsee waren hilfreich zur Veranschaulichung, was z.B. gemeint ist, wenn die zulässige Mindestfanggröße für Kabeljau 35 cm Gesamtlänge beträgt, die Fische in der entsprechenden Populationen in der Nordsee aber zur Reproduktion mindestens etwa 68 cm lang sein müssen, also fast das Doppelte des gesetzlichen Minimums. Die meisten Leute waren sehr überrascht über das Ausmaß der – in diesem Fall sogar gesetzlich garantierten - Fehlsteuerung der Fischereipraxis.

Eine Reihe von Leuten bekundeten ihr Interesse an der Arbeit der Assoziation. So könnten neue Impulse für eine Kooperation entstehen.


 


Awa SEYE, Anführerin der Frauen in der handwerklichen Fischerei im Senegal, macht sich zum Interview bereit, das in ihrem heimatlichen Guet Ndar aufgenommen wurde

Schauen Sie hinter die Kulissen des traditionellen Fischerdorfs Guet Ndar, Saint Louis, Senegal. Awa Seye ist eine herausragende Persönlichkeit in der Gemeinde, die sich als Sprecherin der Frauen aktiv für die traditionelle Fischerei einsetzt. Folgen Sie ihr durch das Interview, entdecken Sie ihr Arbeitsumfeld und ihre sozialen Aktionen und sprechen Sie mit ihr selbst. Ihr Aufstieg führt von einer unterdrückten Frau, die den Verlust von mehreren Babys bei der Geburt erleidet zu einer führenden Hebamme und Sozialarbeiterin. Sie wurde auch eine erfolgreiche Verteidigerin der Fraueninteressen gegenüber der Tourismusindustrie, auf das Recht der Frauen in der Fischverarbeitung, ihre Arbeit am Strand auszuüben. Ihr Wirken wirft etwas Licht darauf, was man mit Entschlossenheit, sozialer Verantwortung und bürgerschaftlichem Engagement erreichen kann. Im Rahmen des Mundus marisBeitrages zur 2013 Ausgabe von Campus Plein Sud an der ULB, nehmen Sie an der Film-Debatte mit Prof. Gemenne teil: die Veranstaltung findet am 13. März 2013, von 17.00 Uhr bis 18.00 Uhr im Raum AY2.108 - Solbosch Campus statt.

Diese Veranstaltung folgt der offenen Vorlesung von Prof. Gemenne unter dem Titel "Wasser, Lebensmittel, biologische Vielfalt: Landkonflikte", 14h00-17h00, Raum: AY2.108 - Solbosch Campus

Die folgende Film-Debatte mit einer Projektion des Video-Interviews beginnt um 17.00 Uhr.

Der Titel des Videos lautet "Awa Seye - Anführerin der Frauen in der handwerklichen Fischerei im Senegal"

Beschreibung: Die Frau in ihren Sechzigern hat dank ihres unermüdlichen Einsatzes für ihre Gemeinschaft und für die Küstengemeinschaft ein pralles Leben voller Erfahrungen und stellt sich den sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Herausforderungen. Sie repräsentiert die Bestimmtheit, mit der insbesondere die Frauen ihre Rechte vertreten. Sie lassen nicht alles mit sich machen und verteidigen den Strand als Ort für die Fischverarbeitung gegen die Interessen des Küstentourismus. Die Frauen arbeiten hart daran, ihr Leben durch den Zugang zu Ausbildung und sozialer Organisation zu verbessern.

Format: Auf die Projektion des Video-Interviews mit Awa Seye, folgt eine Diskussion mit der Protagonistin, die einen ungefilterten Zugang zu der sozialen Akteurin und einen Gedankenaustausch mit ihr ermöglicht.

Das Video-Interview wurde von Mor Talla Ndione geleitet, die Fragen wurden von Aliou Sall gestellt.

Das Interview wurde von den Masterstudenten von Prof. Gemenne aufmerksam verfolgt, da es einen lebendigen Eindruck über einige wichtige Realitäten im Fischerdorf reflektierte. Es konfrontierte diese mit den eher konzeptionellen Ansätzen, die das Rückgrat des Studiums sind.

Das Interview unterstrich nicht nur das Engagement von Awa Seye, die Frauen in ihrer Not zu unterstützen, sondern ging speziell auf die Bedürfnisse des ganzen Dorfes ein und die damit verbundenen strukturellen Probleme der Fischerei.

 

Die anschließende Diskussion wurde von Aliou Sall geleitet, ein Sozio-Anthropologe mit langjähriger Erfahrung in der senegalesischen und westafrikanischen Fischerei. Dies war eine ausgezeichnete Gelegenheit, Fragen und Zweifel zu artikulieren. Er übersetzte für Awa Seye, so dass ihre Muttersprache Wolof kein Kommunikationshindernis war. Oft überprüfte er mit Awa das Gesagte, um sicher zu gehen, dass seine Übersetzung sinnesgetreu gewesen war.

In der Interaktion mit Awa als kommunale Beraterin und Anführerin der Gemeinschaft, bekamen die Studenten eine differenziertere Sicht auf das, was wir „ Entwicklung“ nennen. Das Studium eines facettenreichen lokalen Kontexts war, in Anbetracht der aktuellen Entwicklungskonzepte notwendig, um die Verbindung zwischen den beiden Seiten der Medaille zu betrachten. Wenn beide Seiten das Umfeld des Anderen kennen, so ist ein erster Schritt getan und man wird eher in der Lage sein, ein gemeinsames Verständnis zu schaffen.

Klicken Sie hier zum video.

Schauen Sie sich auch das Bonus-Material von der Film-Crew an, das Awa Seye in ihrem Haus im traditionellen Fischerdorf Guet Ndar besucht. Der Ort ist durch eine Brücke über einen der Arme des Senegal Deltas vom historischen Zentrum von Saint Louis im Norden Senegals abgetrennt.