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Internationaler Workshop, Brüssel, 2.-3. März 2012

H. Janne Saal, 15. Etage des Soziologie-Instituts der Freien Universität von Brüssel (ULB), Solbosch Campus, Avenue Jeanne 44, 1050 Brüssel.

Wir leben in Zeiten der Veränderung der Lebensgrundlagen, die uns unser Planet Erde bietet, sowie in Zeiten gesellschaftlicher Veränderungen. Noch während der Lebenszeit der heute jungen Menschen werden wir bald Platz brauchen für etwa 9 Milliarden Mitmenschen im Vergleich zur gegenwärtigen Anzahl von etwa 7 Milliarden Erdbewohnern; und die vorwiegend in verstädterten Gebieten leben werden. Wir müssen uns also fragen, welche Bildung, welches Wissen und welche Fähigkeiten junge Menschen künftig brauchen, um friedlich und die Lebensgrundlagen erhaltend zusammenleben zu können.

Dies wirft auch die Frage auf zu überdenken, wie wir leben, wie wir unserer jeweiligen Berufe ausüben, und was sind unsere Beziehungen zur Natur, zu den Meeren und zu unseren Nachbarn aller Altersstufen, Glaubensrichtungen, Rassen und jeden Geschlechts sind. Die Wissenschaft hat Bewertungen des Zustands unserer Ökosysteme, des Klimas und der Ozeane erarbeitet, die äußerst besorgniserregend sind. Sie zeigt aber auch Handlungsmöglichkeiten auf, wie wir es schaffen können, aus dem Wissen, das bereits allgemein zur Verfügung steht, selbst Schlüsse zu ziehen. So können wir Möglichkeiten finden, mehr Menschen aus der Armut zu befreien und ihnen ein würdiges Leben zu ermöglichen.

Aber unsere Fähigkeiten, die Gesellschaft durch Nutzbarmachung kollektiver Intelligenz und Handlungsfähigkeit gerechter zu machen, hängen ganz klar nicht nur von wissenschaftlichen und technischen Kenntnissen ab. Es kommt auch entscheidend darauf an, solches Wissen in einer grundlegend humanistischen Struktur zu interpretieren und zu verwenden. Es kommt darauf an, soziale Verantwortung und kooperative Fähigkeiten zu verbessern, die in einigen der „westlichen“ Gesellschaften in den letzten Jahrzehnten vernachlässigt worden sind. Das Überdenken von Bildung für ein nachhaltiges Leben wird auch zum Entstehen von Regulierungsstrukturen führen müssen, um die notwendige Zusammenarbeit von lokaler bis zur weltweiten Ebene zu ermöglichen, weit über die bisherige UN-Praxis hinaus.

Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Forschungs- und Erkundungspraxis in verschiedenen Bereichen der Wissenschaft, der Kunst und der Bildung, ist es das Ziel des Workshops, gemeinsam zu reflektieren und ein neues Verständnis zu fördern, wie wir junge Menschen begleiten können, um nachhaltige Lebensweisen für ihr Erwachsenenleben zu finden. Es geht darum, alternative Verfahren innerhalb und außerhalb üblicher Ausbildungswege zu finden. Solche Verfahren müssen sich auf solide pädagogischen Konzepte stützen, die den ganzen Menschen im Rahmen ihrer jeweiligen örtlichen Gemeinschaften und sozialen Gruppen erfassen, aber auch bewusst wechselseite Abhängigkeiten von anderen lokalen und globalen Entwicklungen einbeziehen. So soll den Jugendlichen ermöglicht werden, ihre Altersgenossenn anderwo auf unserem überfüllten Planeten kennenzulernen und zu lernen, für eine bessere Zukunft zusammenzuarbeiten. Die gemeinsame Reflexion ergänzt die laufenden Bemühungen im Rahmen der UNESCO-Dekade für eine Neuorientierung der Lehrerbildung zu Nachhaltigkeit sowie ähnliche Bemühungen. Zu diesem Zweck soll der Workshop erfahrene Fachleute und Praktiker mit unterschiedlichem Hintergrund in den Bereichen Bildung, Wissenschaften und Künsten zusammenbringen, damit sich ihre Kenntnisse und Erfahrungen gegenseitig befruchten können.

Es wird auch erwartet, dass aus den Gesprächen und Beziehungen einige Aktionslinien entstehen, die den Teilnehmern die Möglichkeit geben, die Ergebnisse des Workshops weiter zu verfolgen. Dies könnte eine Zusammenarbeit bei konkreten Projekten nach dem Workshop sein, von denen einige bereits bei Mundus maris laufen und / oder durch die Teilnehmer betrieben werden. Wir bieten auch die Möglichkeit, eine „Community of Practice“ für weiteres gemeinsames Lernen durch partizipative Methoden des Lehrens und Lebens zu schaffen, damit eine nachhaltige Lebensweise entstehen kann.

Der Workshop wird mittels partizipativer Arbeitsmethoden gestaltet werden und sieht damit nicht in erster Linie Präsentationen von Forschungsarbeiten in einem formalen Rahmen vor, obwohl Impulsreferate von ausgewählten Referenten ihren Platz haben. Der Schwerpunkt des Workshops wird auf einer echten Konversation zwischen den Teilnehmern rund um diese Themen liegen, so dass durch das Verweben ihrer Expertise und Erfahrung ein besseres gemeinsames Verständnis entsteht.

Die Teilnehmer werden gebeten, sich vorzubereiten, indem sie Fallstudien eigener Erfahrung mitbringen, die gute Praktiken des Lehrens und des Partizipierens, des Erwerbs und der gemeinsamen Nutzung von Wissen und sozialen Kompetenzen zeigen, all das, was in der Zukunft nützlich oder notwendig sein kann.

Der Workshop wird von Mundus maris asbl in Zusammenarbeit mit der SEDIF asbl im Rahmen der Veranstaltungen „Campus Plein Sud 2012“ (koordiniert von SEDIF / ULB) an der Freien Universität Brüssel (ULB) organisiert.

Hintergrundinformationen zu den zu Grunde liegenden Überlegungen bezüglich Ansätze der ästhetischen Bildung wurden zum Beispiel im Rahmen des Mare Nostrum Projekts vor allem von Carla Zickfeld entwickelt. Weiteres Material finden Sie auch in den Präsentationen des Mundus maris-Panel über ein Umdenken bezüglich (nachhaltiger) Entwicklung. Das Panel war Teil der EADI Konferenz in York, September 2011, mit dem Titel "Rethinking Development in an Age of Scarcity and Uncertainty“.

Sie interessieren sich für die Teilnahme? Klicken Sie hier für die Workshop-Ankündigung (englisch). Haben Sie Fragen? Möchten Sie beitragen, können sich aber nicht selbst beteiligen? Dann kontaktieren Sie Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! von SEDIF. Wollen Sie direkt mit Mundus maris in Kontakt treten? Kontaktieren Sie info.at.mundusmaris.org.


 

Was für eine Erfahrung!

Willkommen zum Workshop "Nachhaltige Entwicklung - gemeinsam - lernen, lehren und praktizieren!"

Schon beim Willkommens-Kaffee, vertieften sich die Teilnehmer in interessante Gespräche und intensiven gegenseitigen Austausch von Erfahrungen, um einander kennen zu lernen.

 

Was sollen junge Leute wissen? Welche Fähigkeiten brauchen sie, um in der Lage zu sein zu handeln? Was sollten sie ausreichend wertschätzen, um entsprechend zu handeln, wenn sie allmählich in das Erwachsenenleben eintreten? Was können wir gemeinsam für die Übergänge und großen Herausforderungen unserer Gesellschaft tun, die in den nächsten Zukunft auf uns zukommen?

 

Und dies in Anbetracht dessen, dass wir bis 2050 neun Milliarden Menschen ernähren und unterbringen müssen, dass wir vier mal mehr Energie produzieren müssen - bei gleichzeitiger Dekarbonisierung unserer Wirtschaft?

 

Wir müssen auch die Verarmung der Ozeane rückgängig machen, die im letzten Jahrhundert mehr als 90% der Bestände ihrer großen Arten allein im Nordatlantik verloren haben.

 

Der Workshop begann mit diesen so schwierigen Fragen und einem herzlichen Willkommen an die Teilnehmer.


Die Hosting-Team bestand aus Annamari Erdei, Piotr Robouch und Cornelia E Nauen, die gemeinsam ihr Bestes gaben, um eine einladende Atmosphäre in den Räumlichkeiten der Abteilung für Soziologie der Freien Universität Brüssel zu schaffen.

 

Im offenen Kreis gab jedem Teilnehmer die Gelegenheit zu einer kurzen Selbstdarstellung um zu erklären, was sie oder ihn zur Teilnahme bewogen hatte.

 

Entdecken Sie die Vielfalt im Raum mit Teilnehmern aus Europa, Afrika, Asien und Latein-amerika, die mit sehr unter-schiedlichem Hintergrund in die Runde kamen. So wurde die Neugierde erweckt, um Ähnlichkeiten und Unterschiede in den jeweiligen Perspektiven zu entdecken.

 

Als nächstes kam ein Zyklus zum Austausch besonders guter Erfahrungen. Die Teilnehmer wurden eingeladen, zu dritt zusammen zu sitzen und einander eine Geschichte über eine gute Lern-, Lehr-- oder Praxiserfahrung in Bezug auf nachhaltige Entwicklung zu erzählen.

 

Jeder einzelne wechselte von einer Rolle zur anderen, vom Geschichtenerzähler zum Dokumentaristen und schliesslich zum 'Journalisten', dessen Fragen zur Erläuterung eventueller Unklarheiten betragen, um so herauszuarbeiten, warum die Geschichte als Erfolg bewertet wurde und was die wichtigesten Faktoren für den Erfolg waren.

Freiwillige brachten dann ihre individuellen Geschichten zurück zum Plenum oder kondensierten bereits einige Erfolgsfaktoren aller Geschichten, die sie an ihrem Tisch behandelt hatten.

 

Die Teilnehmer schrieben anschließend Schlüsselbegriffe auf Karten und ordneten sie in einer Struktur an, die die Hauptbestandteile des Erfolgs visualisierten.


Die Teilnehmer arbeiteten gemeinsam die Konzepte heraus indem sie ähnlicher Konzeptkarten einander zuordneten und gruppierten. Die Beziehungen zwischen den Konzepten wurde so durch Visualisierung an der Wand komplettiert. So kristallisierten sich die wesentlichen Erfolgsfaktoren aus der Kombination der Beiträge basierend auf den Geschichten aller Teilnehmer heraus.


Nach dem Mittagessen ging es weiter mit einem offenen Zirkel, wo Teilnehmer mit Projektideen, auf einem offenen 'Markt der Ideen' die Unterstützung von anderen suchten, um ihr Projekt zu diskutieren.


Vier Projektideen wurden vorgebracht und entsprechend Gruppen gebildet, um die Ideen in drei Zyklen durch Diskussion zu entwickeln: dieses Format des Pro-Action-Cafe, ermöglicht die Ausarbeitung konkreter Arbeitslinien, indem nacheinander die folgenden Fragen gestellt werden:

- was macht den Kern des Projekts aus?

- was fehlt?

- was ist nun zu tun, um es zu realisieren?

 

Der Gastgeber für die Entwicklung der Projektidee blieb jeweils am Tisch, während andere Teilnehmer mit jeder Fragerunde von einer Gruppe zur nächsten wanderten. Auf diese Weise bekamen die meisten Teilnehmer ein Gefühl für alle Projekte und konnten ihre Ideen und Perspektiven beitragen, während sie gleichzeitig durch intensives Zuhören von anderen lernten.


Der Reichtum und die Vielfalt der Erfahrungen, die in diesem Format zwischen allen Beteiligten ausgetauscht wurden, eröffnete neue Einsichten und ein starkes Gefühl der Zusammengehörigkeit und des Vertrauens. Die Untersuchung dieser und anderer Projektmöglichkeiten wurde am folgenden Tag fortgeführt und gemeinsame Aktivitäten sind auf nunmehr zwischen mehreren Teilnehmern beabsichtigt.

Die Projektvorschläge, die im Detail diskutiert wurden, waren (a) die Einrichtung eines Resourcen-Zentrums für Jugendliche im Niger-Delta, (b) wie Schulen über Grenzen hinweg zusammen arbeiten können, (c) wie junge Menschen besser gerüstet für die Herausforderungen der Zukunft sein können, und (d) wie man sicherstellen kann, dass lokale Initiativen ausreichend über den weiteren politischen und sozio-ökonomischen Kontext informiert sind.

Wie jemand sagte: Ihr sitzt entweder am Tisch oder ihr seid auf der Speisekarte. Das klingt nach einer einfachen Wahl, auch wenn es nicht immer einfach umzusetzen ist.

Die Schnappschüsse von Piotr Robouch vom Moderatorenteam geben die intensive und hoffnungsvolle Atmosphäre des Workshops wieder.

Wir bedanken uns für die finanzielle Unterstützung für Flugreisen der afrikanischen Teilnehmer bei der Vereinigung Couleur Café, Dietlind Jering und Mitgliedern von Mundus maris. SEDIF steuerte freundlicherweise das Catering für die Teilnehmer bei. Wir bedanken uns auch ausdrücklich für freundliche Unterstützung durch Aufnahme zu Hause von Teilnehmern von außerhalb Brüssels und Moderation des Treffens. Die substanziellsten Beiträge kamen von Nafi, Dietlind Jering, Annette Schneegans, Annamari Erdei und Piotr Robouch. Vielen Dank auch an zahlreiche Freunde der Mundus maris, die in vielerlei anderer Hinsicht dazu beigetragen haben, dass der Workshop ein voller Erfolg war.