Die Hansestadt Bremen hat eine lange Tradition in den Wissenschaften und Künsten und eine noch längere im internationalen Handel. Ihre reiche Geschichte, unterschiedlichen Menschen, bürgerlichen Freiheiten und ihr interessantes architektonisches Erbe sind für Einheimische und Besucher gleichermaßen attraktiv. Unzählige Geschichten widerspiegeln die Verbindungen der Stadt mit dem Meer und fernen Ländern rund um den Globus. Das Überseemuseum hält große und vielfältige Sammlungen von Artefakten über die Bremer Geschichte vor und wie die Stadt mit anderen Teilen der Welt verbunden ist.
Das Niveau der Forschung seiner staatlichen Universität wächst und das Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT) auf dem Campus hat mehr als 20 Jahre Erfahrung in der internationalen Wissenschaftskooperation mit Teams in so unterschiedlichen Ländern angesammelt wie Namibia im südlichen Afrika, Peru in Lateinamerika, den Salomonen in Ozeanien und Indonesien in Asien.
Das ZMT investiert seit langem sowohl in die wissenschaftlichen Kompetenzen der jungen Meereswissenschaftler in Deutschland als auch in den Partnerländern und in deren Institutionen. Es tut dies durch die Konzeption und Durchführung gemeinsamer Forschungsprojekte, die meist mehrer Jahre laufen. Der wechselseitige Austausch durch Aufenthalte von Mitarbeitern, Sommerschulen und gemeinsame Publikationen ist entscheidend, nicht nur für die Gewährleistung wissenschaftlicher Exzellenz über disziplinäre Grenzen hinaus, sondern auch für das gegenseitige Lernen über den jeweiligen gesellschaftlichen Kontext, in dem geforscht wird.
Es versteht sich daher von selbst, dass das Vorantreiben der Wissensgrenzen bezüglich der komplexen marinen Ökosysteme in den Tropen in einem solchen kooperativen Arbeitsmodus auch mit Lernen über die jeweiligen lokalen Kulturen der Partner verflochten ist.
Seine besondere internationale und thematische Ausrichtung konzentriert auf die Untersuchung von komplexen tropischen Ökosysteme und ihres sozioökonomischen Kontexts stellt das ZMT vor besondere Herausforderungen. Die Forscher und die Verwaltung des Zentrums erkennen, dass unverzichtbare wissenschaftliche Publikationen nicht ausreichend sind und dass zusätzliche Anstrengungen des Wirkens über den akademischen Bereich erforderlich sind, um sicherzustellen, seine langfristigen Aufgaben verstanden werden und die erwarteten Vorteile in und außerhalb der Wissenschaftsgemeinde tatsächlich entstehen.
In diesem Zusammenhang lud die Direktorin des ZMT, Prof. Dr. Hildegard Westphal, Dr. Cornelia E Nauen von Mundus maris zu einen Vortrag für interessierte Forscher ein. Er sollte zum Nachdenken über die kritische Auseinandersetzung zwischen Wissenschaft und Gesellschaft anregen, indem Erfahrungen des gemeinnützigen Vereins und ihre wissenschaftliche Untermauerung vorgestellt werden sollten. Dr. Bevis Fedder vom Büro für Wissensausstausch moderierte den Vortrag und die anschliessende Aussprache, die am 22. Oktober 2014 in den Räumlichkeiten des ZMT stattfanden.
“Es ist etwas zutiefst falsch mit der Art, wie wir heute leben. Es gibt korrosiven Pathologien der Ungleichheit überall um uns herum ... Diese werden durch kurzfristige politische Maßnahmen und sozial spaltende Sprache verstärkt, basierend auf der Anbetung von Reichtum.
Eine fortschrittliche Antwort wird nicht nur mehr Wissen über den Zustand des Planeten und seiner Ressourcen erfordern, ... Wir brauchen eine ethische Form der öffentlichen Entscheidungsfindung auf der Basis einer Sprache, in der unsere moralischen Instinkte und Anliegen besser ausgedrückt werden." Diese Zitate stammen aus dem (frei übersetzten) Vorwort von Prof. Jacqueline McGlade, seinerzeit Exekutive Direktorin der Europäischen Umweltagentur in Kopenhagen, zum zweiten Band des Berichts „Späte (gesellschaftliche) Lehren aus frühen (wissenschaftlichen) Warnungen". Sie bildeten den Rahmen für den Vortrag mit dem Ziel, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, wie man Veränderungen erfolgreich in komplexen und dynamischen Situationen managen kann.
Warum werden die Lehren aus der Frühwarnung so oft ignoriert? Zu den offensichtlichen Gründen gehört, dass die formale Risikobewertungen der rapiden technologischen Innovationen in der Regel auf einer engen Definition von Risiko basiert, die systemische Funktionen und komplexe Wechselwirkungen einfach nicht erfassen kann. Dies führt zu einem übermäßigen Vertrauen in die Technologie und untergräbt die eigentlich obligatorische Anwendung des Vorsorgeprinzips. Der Schaden für Mensch und Umwelt wird verlängert und Abhilfe wird erst spät, wenn überhaupt geleistet..
Ein weiterer wichtiger Grund ist, was Ökonomen die Externalisierung von Kosten nennen. Dies geschieht in der Regel auf Kosten der Gemeinschaftsgüter, wie Klima, Verschmutzung des Bodens, der Luft und des Meeres. Mit anderen Worten, die in Rechnung gestellten Preise widerspiegeln nicht die wahren Produktions- und Vermarktungskosten. Gewinne werden privat angeeignet, während die Kosten, vor allem langfristige Schäden, werden auf die Öffentlichkeit abgewälzt..
Überfischung und der dramatische Rückgang des Gesundheitszustands der Meeresökosysteme sind ein Beispiel dafür. Die Öffentlichkeit in vielen Industrieländern zahlt daher doppelt, einmal durch kräftige Subventionen für die Verursacher und ein zweites Mal durch die Zahlung höherer Preise für immer knapperen Fisch. Betrug, wie Etikettenschwindel, der eine andere Art vorgibt also die, die der Konsument kaufen will und deren Bestand durch die Überfischung und / oder die Zerstörung ihres Lebensraumes oder ihrer natürlicher Nahrungsquellen zusammengebrochen ist, verschlimmert nur den globalen Trend.
Möglichkeiten die Veränderungen verantwortlich zu managen sehen anders aus. Michael Fullan hat fünf Grundsätze in diesem Zusammenhang identifiziert, die während des Vortrags weiter diskutiert wurden.
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Moralischer Zweck - die Kluft zwischen privilegierten und benachteiligten sozialen Gruppen bei der Durchführung reduzieren
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Das Verständnis der Veränderungsprozess vorantreiben
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Die Verbesserung der (sozialen) Beziehungen
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Wissen schaffen
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Gemeinsame Nutzung und Herstellung von Kohärenz.
Im Vortrag wurden einige Beispiele der Anwendung der Prinzipien aus der Praxis von Mundus maris gegeben, von denen viele ebenfalls auf der Website illustriert sind und dort nachgesehen werden können.
Die Grundsätze haben Gültigkeit weit über den ursprünglichen Bereich der exploratorischen Forschung in Schulen und Unternehmen. Aber es ist wichtig, eine mechanistische Anwendung zu vermeiden. Mit anderen Worten, beim Umgang mit komplexen Veränderungsprozessen, ist es wichtig, dass alle Prinzipien bei der Planung und zu allen Zeiten berücksichtigt werden. Das sollte aber jeweils auf den Kontext abgestellt geschehen.
Der Öffentlichkeit einen einfachen Zugang zu wissenschaftlichen Informationen zu verschaffen, ist ein wesentlicher Schritt, wie es zB in FishBase geleistet wird, dem Wahrzeichen eines wissenschaftlichen Internetarchivs für alle der Wissenschaft bekannten Fischarten. Die Herausforderung geht also weit über die Kommunikation von Forschungsergebnissen hinaus, besonders wenn sie in einem „Rundfunkübertragunsmodus“ oder in Form von Pressemittteilungen erfolgt.
Die Verbesserung des Beitrags der Forschung zun erfolgreichen Change-Management in verschiedenen Gesellschaften erfordert, dass alle Stimmen gehört werden, sich mit Beurteilungen zurück zu halten bis mehr Klarheit erreicht ist, den Aufbau von Vertrauen und die kritische Auseinandersetzung. Partizipative Methoden, wie "Art of Hosting Conversations That Matter", sind besonders geeignet, um gegenseitigen Respekt zwischen den verschiedenen Akteuren und gemeinsames Verständnis herzustellen, die erst gemeinsames Handeln ermöglichen. Das Potenzial für kollektives Lernen aus der Wissenschaft, der Kunst, der Praxis und den traditionellen Kulturen, um nur die wichtigsten Quellen des Wissens und des Lernens zu nennen, ist riesig. Die Vielfalt schafft eine robuste Lern-Ökologie, die uns erlaubt, in den schwierigen Umständen gestresster Meere und davon abhängender menschlicher Gesellschaften zu navigieren - das bedeutet, alle Gesellschaften und die ganze Menschheit.
Alle Fotos von Cornelia E Nauen. Die Folien des Vortrags können hier heruntergeladen werden.