Entwicklung anders denken dank ästhetischer Bildung und Aktion
Zusammenfassung des Mundus maris Panel auf der EADI-Konferenz, York University, UK, 21. September 2011
von Tobias Troll
"Wir sollten die derzeitige Krise als Chance sehen und die Optionen auf die Tauglichkeit für verschiedene Varianten der Zukunft prüfen, die nachhaltiger und befriedigender sind als die aktuelle Situation", sagte Cornelia E. Nauen von Mundus Maris, die das Panel „Wissenschaften und Künste für Nachhaltigkeit - Entwicklung anders denken dank ästhetischen Bildung und Aktion" auf der EADI Konferenz in York, UK, einberufen hatte; EADI ist die European Association of Development Research and Training Institutes.
Die Assoziation Mundus maris vorstellend skizzierte Cornelia E. Nauen die dramatische Bedrohung des Lebens im Meer; sei es durch die Überfischung, durch die Zerstörung von Lebensräumen, durch die Umweltverschmutzung oder den Klimawandel. Das zentrale Anliegen von Mundus maris ist es, die Ozeane und die Menschen, die vom Meere leben, zu schützen. Seit den späten 1980er Jahren schrumpfen als Folge der weltweiten Überfischung die Anlandungen der globalen Seefischerei um ca. 700.000 Tonnen jährlich. Die Überfischung beeinflusst auch die Gesundheit und Widerstandsfähigkeit der marinen Ökosysteme und hat somit ernste Konsequenzen für die lokalen Fischereigemeinschaften.
Die marine Fischerei nutzt bereits etwa 1/3 der weltweiten Primärproduktion. Dies ist fast so viel wie unsere Nutzung der Ökosysteme auf dem Land. Ein immer geringerer Anteil der marinen Ökosysteme wird für regenerative Funktionsweisen der Weltmeere übrig gelassen. Den Einsatz der aktuellen Fangmethoden zu erweitern ist keine Option, denn viele nutzen nicht-selektive und zerstörerische Fanggeräte, wie die Grundschleppnetzfischerei. Wir sollten die Dringlichkeit erkennen, die marinen (und terrestrischen) Ökosysteme wiederherzustellen, um die in den nächsten Jahrzehnten um weitere 50% wachsende menschliche Bevölkerung richtig ernähren, kleiden und beherbergen zu können.
Stella Williams, Charles Hopkins und Sebastiao Mendonça Ferreira nahmen als Sprecher am Panel teil. Aliou Sall, der als weiterer Teilnehmer eingeladen worden war, wurde das Visum für die UK abgelehnt - eine skandalöse Praxis, die von den Teilnehmern der Veranstaltung einstimmig verurteilt wurde.
Charles strukturierte seinem Vortrag um die zentrale Frage: was ist der Zweck von Bildung im doppelten Kontext von - einerseits der gewaltigen unerfüllten Bedürfnisse der Bevölkerung in vielen Teilen der Welt, und andererseits des allgegenwärtigen Einflusses des Menschen auf die Umwelt, wie er am Beispiel der Auswirkungen auf die marinen Ökosysteme darstellte. Charles schlug nach skandinavischen Vorbild - „Framing the Issue“ folgende Vision der Nachhaltigkeit vor: Wohlbefinden für alle, für immer - nicht nur für Menschen, sondern für alle Lebewesen. Er unterstrich, dass die Neuausrichtung unseres Bildungssystems auf Nachhaltigkeit keine Option, sondern eine Verpflichtung ist. Die aktuell dominierende Selbst-Ausrichtung der Ausbildung auf die Ziele der Beschäftigungsfähigkeit und individueller Karrieren sollte zugunsten der Orientierung verändert werden, was es bedeutet, in nachhaltiger Weise zu leben - ein Ansatz, der sich in vielen indigenen Kulturen findet.
Während die Herausforderungen immens sind, gibt es Zeichen der Hoffnung: China hat 1500 spezielle ESD (Education for Sustainable Development / Bildung für nachhaltige Entwicklung) Schulen gebaut, einschließlich landwirtschaftlicher Tätigkeiten und das Erlernen von sozialen Kompetenzen. Das Motto heutiger ESD kann nicht mehr sein "Train the Trainers". Statt dess muss der Schwerpunkt auf gemeinsames Erschaffen von Wissen gesetzt werden – auf eine Philosophie nach dem Motto "Lerne mit den Lernenden". Ein Beispiel hierfür ist die Kampagne "Hände für den Wandel", die von einem Mädchen in Indien (Handsforchange.org) ergänzend zum Konzept des ökologischen Fußabdruck ins Leben gerufen wurde.
Die PowerPoint-Präsentation von Charles Hopkins kann hier heruntergeladen werden (PDF, 4MB, englisch).
Lokales Wissen kann im Gegensatz zu wissenschaftlicher Erkenntnis, das allgemeine Regeln der Natur erfassen, nicht leicht transponiert werden. Es ist jedoch geprüft und basiert auf Erfahrung und "filtert" externes Wissen. Lokales Wissen ist in der Regel auf die Lösung spezifischer Probleme ausgerichtet, anstatt zum Verständnis grundlegender Prinzipien. Während Hindernisse und Kosten fallen, um auf das Wissen lokaler Quellen zuzugreifen, wächst jedoch deren Komplexität und kulturelle Vielfalt.
Seine langjährigen Erfahrung hat Sebastiao zu der Überzeugung kommen lassen, dass systembedingte Probleme effektiv angegangen werden können, wenn lokales Wissen mit Hilfe von externem Wissen aktualisiert wird. So könne lokales Wissen in einer sich rasch verändernden Welt relevant bleiben, damit lokale Gemeinschaften Veränderungen erfolgreich meisten können.
Die Präsentation von Sebastiao Mendonça Ferreira kann hier heruntergeladen werden (PDF, 1 MB, englisch).
Ihr Ziel war es, Auswendiglernen durch ein kritisches Lernen zu ersetzen, das das Selbstvertrauen junger Menschen fördert. So werden ihre Fähigkeiten entwickelt, sich stärker in ein Problem zu vertiefen und dank Betreuung durch erfahrene Erwachsene kreativere Antworten zu finden. In diesem Zusammenhang werden sowohl die Wissenschaften als auch die Künste mit ihren weitgehend unterschiedlichen Werkzeugen und Herangehensweisen, die Welt zu erkunden, in der Ausbildung benötigt.
Die Präsentation von Stella Williams kann hier heruntergeladen werden (in Englisch).
In der nachfolgenden Aussprache darüber, wie lokale Erfahrung im globalen Kontext einzuschätzen seien, debattierten die Teilnehmer die vorgetragenen Fragen und Ansichten. Weitere Informationen über EADI und ihre Aktivitäten finden Sie hier.