Interview mit Dr. José Lozán, Universität Hamburg, Mitherausgeber der GEO Buchserie “Warnsignale” zur Popularisierung der Wissenschaft
Dr. José Lozán ist ein Gastwissenschaftler aus Peru, der langfristig an der Universität Hamburg arbeitet. Während seiner Arbeit an der Universität hat er sich unter anderem darum bemüht, die bestenWissenschaft über Wasser, die Ozeane und das Klima für Jugendliche und die breite Öffentlichkeit besser zugänglich werden. Er hat das letzte öffentliche Symposium vom 20. bis 22. September 2011 organisiert als Teil des Eventkalenders der mittlerweile gut bekannten Hamburger Klima Woche. Mundus maris trug zu den letzten Aktivitäten bei, die von Dr. Lozán führend mitorganisiert worden sind, und interviewte ihn, um mehr zu erfahren.
MM: Herr Dr. Lozán, Sie waren einer der Hauptorganisatoren der öffentlichen Klimakonferenz in Hamburg im September 2011. Was wollten die namhaften Wissenschaftler, die Sie für die Veranstaltung gewinnen konnten, dem Publikum als wichtigste Erkenntnisse vermitteln?
A: Das war schon das 6. Symposium, das ich unter dem Motto "Wissenschaftler informieren direkt" organisiert habe. Ziel war immer, die Öffentlichkeit aus erster Hand zu informieren. Mit der Forschung werden Ergebnisse und neue Erkenntnisse gewonnen. Der Transfer dieser Information in die Öffentlichkeit erfolgt jedoch nur passiv. Die wissenschaftlichen Institutionen vernachlässigen oft noch diese wesentliche Aufgabe in einer modernen Gesellschaft. Heute, im Zeitalter des Klimawandels und der Notwendigkeit eines konsequenten Klimaschutzes, ist diese Arbeit besonders wichtig, denn je genauer die Öffentlichkeit informiert ist, desto besser ist die zu erwartende Klimapolitik. Die Politiker sind damit leichter in der Lage, zufriedenstellende Lösungen zu finden und politisch durchzusetzen.
MM: Sie haben zeitgerecht zur Konferenz auch ein Buch herausgebracht, das letzte in einer ganzen Serie, um interessierten Laien die Meereswissenschaften nahe zu bringen. Was sind die Kernaussagen besonders des letzten Buches mit dem Titel “Warnsignal Klima. Die Meere – Änderungen & Risiken”?
A: Diese GEO Buchreihe spricht wasser- und klimabezogene Themen an, die von einem Herausgeberteam zusammengetragen und bearbeitet werden, dieses Mal zusammen mit Prof. Dr. Hartmut Graßl, ehemaliger Direktor des Max Planck Instituts für Meteorologie, und Prof. Dr. Karsten Reise, Leiter der Forschungsstation Wattenmeer auf Sylt. Inzwischen sind 12 Bände mit etwa 750 Beiträgen von rund 1500 Wissenschaftler aus fast 500 Institutionen erschienen. Das Ziel war immer, die aktuellsten Informationen zu einem Thema, die teilweise zerstreut vorlagen, zusammenzufassen und der Öffentlichkeit leicht verständlich zur Verfügung zu stellen. Die Kernaussagen im letzten Buch sind, dass die Ozeane grundlegend für den CO2-Kreislaufs und dass die Ozeanzirkulation ist ein fundamentaler Teil des Klimasystems der Erde sind, die jetzt zunehmend durch anthropogene Klimawandel betroffen werden.
Die Auswirkungen sind bereits sichtbar: durch Temperaturerhöhung verschiebt sich das Verbreitungsgebiet der marinen Arten polwärts, wenn sie sich bewegen können. Sie bedroht das Überleben der Korallen und anderer tropischer Arten, die nahe ihrer maximalen Temperatur-Toleranz leben. Versauerung bedeutet zusätzlichen Stress für Organismen mit Kalkskeletten (Korallen, viele Planktonalgen, Muscheln und andere). Wir beginnen erst, das zu erkunden.
Die von uns herbeigeführte Erwärmung und Intensivierung der Wasserkreisläufe haben viele weitere Effekte, die unsere Gesellschaften tiefgreifend beeinflussen werden, wie zB die Steigerung der Wahrscheinlichkeit, den marinen Permafrost zu destabilisieren. Das kann zur Freisetzung großer Mengen von Methan führen, die momentan als Hydrate gespeichert sind. Methan ist ein 20-mal stärkeres Klimagas als CO2.
Wir präsentieren den aktuellen Stand des Wissens über technologische Lösungen für den Klimawandel, einschließlich CO2-Speicherung unter dem Meeresboden und Eisendüngung, um die CO2-Aufnahme durch marine Algen zu erhöhen. Wir zeigen, dass aktuelle Erkenntnisse keine robuste Basis für übertriebenen Optimismus bieten. Wunderlösungen gibt es nicht. Wir haben auch das Potential der Seeschiffahrt untersucht, um zur Verringerung der CO2-Emissionen beizutragen. Das ist der Weg, um unseren Planeten sicher zu halten. Aber es gibt viele weitere faszinierende Forschungsergebnisse, mehr als ich in ein paar Minuten zusammenfassen kann. Ich möchte jedenfalls auch den Beitrag von Mundus maris erwähnen, um die Perspektiven zu bereichern, die den Lesern angeboten werden.
MM: Sie haben auch rechtzeitig zur Konferenz ein ausgezeichnetes Informationsheft zum Klimawandel herausgebracht. Wir haben schon etliche Exemplare verteilt und sehr positive Rückmeldungen dazu erhalten. Wie wird es Lehrern und Schülern nahe gebracht? Gibt es schon erste Erfahrungen? Wie war das Echo auf die Konferenz, das Buch und das Informationsheft?
A: Die Bücher dieser Reihe haben meist mit einem Umfang von rund 400 Seiten. Nach jeder Veröffentlichung wird eine Zusammenfassung erstellt und als Broschüre herausgegeben. Diese Hefte werden vor dem Symposium fertig. Die Teilnehmer erhalten es nach der Anmeldung Tage vor dem Symposium zur inhaltlichen Vorbereitung. Lehrer benutzen die Broschüre im Unterricht, so dass teilnehmende Schüler richtig vorbereitet zum Symposium kommen. Eine weitere Massnahme ist die Qualität der Vorträge. Alle vortragenden Wissenschaftler werden gebeten, die Inhalte möglichst didaktisch vorzutragen. Alle diese Schritte stellen die Grundlage für den Erfolg der Symposien dar. Die Broschüren bleiben langfristig aktuell.
MM: Sie sind jungen Leuten immer sehr verbunden und haben auch immer ein besonderes Engagement in der internationalen Zusammenarbeit demonstriert.
A: Zwei der Bände dieser Buchreihe erschienen auf Englisch: "The Climate of the 21st Century" und “Global Change: Enough Water for All?”. Mit Unterstützung des Bundesministerium für Umwelt (BMU) wurden je 1000 Exemplare unentgeltlich an geeignete Institution in Entwicklungsländern als eine Art know-how-transfer gesendet.
MM: Nach dem Erdbeben in Peru, Ihrer Heimat, im Jahr 2007, haben sie von Ihrer Wahlheimat Deutschland aus, dank eines gut befolgten Spendenaufrufs, den grosszügigen Aufbau einer öffentlichen Bibliothek in Pisco bewerkstelligt. Das war eine mehrjährige Anstrengung, aber jetzt ist das Kulturzentrum mitsamt der attraktiven Bibliothek fertig. Welches ist die nächste Etappe?
A: Um der Stadt Pisco (Peru) nach dem katrastophalen Erdbeben im August 2007 beim Wiederaufbau zu helfen, starteten wir in Hamburg das Projekt "Wiederaufbau der zentralen Schulbibliothek".
Die Bauzeichnungen wurden in Zusammenarbeit mit der Universität PUCP (Pontificia Universidad Católica del Perú) in Lima angefertigt. Inzwischen ist das Gebäude fertig.
Die nächste Etappe ist die Einrichtung und Ausstattung. Dafür haben wir dank der Zusammenarbeit mit dem Lions Club Deutschland 150.000 US$ zur Verfügung. Allerdings gibt es hier Probleme, da der Bürgermeister das Gebäude nun für einen anderen Zweck benutzen will.
MM: Wir werden gerne von Mundus maris weiter zum geplanten Aufbau beitragen und stiften die spanische Serie der 10 Darwin Poster für Lateinamerika für die Bibliothek. Wir werden auch das IMARPE bitten, 20 oder 30 Chikipez Fischlineale für den Unterricht zu spenden, damit die Kenntnisse über Mindestlängen der kommerziellen Fischarten schon den jungen Leuten verbreitet werden und sie sich mit Konzepten nachhaltiger Fischerei in dieser Küstenstadt vertraut machen können.
Vielen Dank für das Gespräch.
Cornelia E. Nauen stellte die Fragen für Mundus maris.
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