Was will uns der „Ozean in Not“ sagen? Wie können wir seine vielen Facetten besser kennenlernen, um seine Rolle im globalen Klimasystem zu verstehen? Um besser einschätzen zu können, wie das zugrundeliegende Ökosystem und die Menschen, die bezüglich ihrer Nahrung, ihrer Luft zum Atmen, der Erholung, mit ihren Jobs und mehr davon abhängen? Die Universität Belgrano und Mundus maris haben sich für ein Tagesseminar am 6. November zusammengeschlossen, um wenigsten einige dieser Aspekte näher zu untersuchen. Das Webinar wurde durch Dr. Marcelo L. Morales Yokobori, Wissenschaftler im Bereich Ökologie, Naturschutz und Meeresressourcen geleitet.
Es war sowohl eine Vorbereitung auf den Welttag der Fischerei am 21. November als auch eine Kompensation für die versäumten Aktivitäten vor Ort im Zusammenhang mit dem Welttag des Ozeans am 8. Juni.
Das Programm war so vielfältig wie die Vortragenden von drei Kontinenten. Teilnehmer waren vornehmlich Studenten aus Mittel- und Südamerika, die sich für diese kostenlose Veranstaltung registriert hatten. Die Vorträge am Vormittag wurden zumeist in Englisch gehalten. Nachmittags dagegen meist in Spanisch und somit einfacher für die Mehrheit der Zuhörer.
Es war ein erster Versuch sowohl für die Universität Belgrano als auch Mundus maris, um zu sehen, wie online Unterricht eher traditionelle gehaltene Präsenzvorlesungen ergänzen oder ersetzen kann. Daher gab es am Ende jedes Vortrags die Möglichkeit der Interaktion in Form von Fragen & Antworten.
Der Verlauf war sehr vielversprechend und wurde von Marcelo und seinem Team in Buenos Aires sehr gut moderiert.
Zu Beginn wurden die Teilnehmer von Alberto Guerci, Dekan der Fakultät für exakte und Naturwissenschaften, Marcelo Morales und durch Lilian Elizabeth Ferré, Studienleiterin für Bio- Wissenschaften, begrüßt.
Cornelia E Nauen von Mundus maris hielt den ersten Vortrag des Tages über die Bedeutung der „IUU Fischerei innerhalb eines globalen Marktes". Sie zeigte auf, wie Illegale Undokumentierte und Ungeregelte Fischerei (IUU) lange Zeit als Kavaliersdelikt oder administrativer Verstoß unterschätzt wurde. Es handelt sich vielmehr um eine sehr ernst zu nehmende Straftat, die häufig mit Korruption in großem Maßstab, Zwangsarbeit und anderen Menschenrechtsverletzungen, Waffen- und Drogenhandel einher geht. Weltweit werden geschätzt zwischen 8 und 14 Mio Tonnen unprotokollierter Fänge illegal gehandelt. Das bedeutet einen signifikanten Profit für Betrüger in Höhe von 9 bis 17 Milliarden USD, entsprechende Verluste auf Seiten rechtmäßiger Wirtschaftsakteure und 2 bis 4 Milliarden USD an verlorenen Steuereinnahmen. (1)
IUU Fischerei wird forciert durch die weltweiten Überkapazitäten bei industriellen Fangflotten, schädliche Fischereisubventionen, schwache Regierungen und laxe Durchsetzung der geltenden Bestimmungen. Zugang zu den Folien hier.
IUU Fischerei durch Schiffe unter Billigflagge, die die Einhaltung der beschlossenen Schutzmaßnahmen durch die Kommission zum Schutz der Antarktischen Meereslebewesen (CCAMLR) nicht respektieren, bedeuten z.B. eine ernsthafte Beeinträchtigung für Argentinien und Chile.
Mecki Kronen von der GIZ und auch Mitglied von Mundus maris behandelte im Rahmen des Webinars das Thema „blauer“ Kohlenstoff. Dieser Begriff steht für Kohlenstoff, der durch Ökosysteme der Küste einschließlich Mangroven (27%), Seegras (63%), und Salzwiesen (10%) gespeichert, abgespalten und freigegeben wird.
Mangroven speichern im Durchschnitt 858 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar und Jahr, 80% in der obersten Bodenschicht (1m). Wenn Shrimp Farmen in Mangrovenwäldern angelegt werden, setzt ein kg produzierter Shrimps 437 kg Kohlenstoff frei und speichert parallel nur 11% des Kohlenstoffs eines intakten Mangrovenareals – und auch dies nur unter idealen Bedingungen. Man ist dabei, beschädigte Mangrovenbereiche zu renaturieren und einen zufriedenstellenden Kompromiß zwischen dem kurzfristigen finanziellen Gewinn der Shrimpzucht und den langfristigen Funktionen der Mangroven für das Klima zu erzielen. Die Initiative „Blauer Kohlenstoff“, in die auch IOC-Unesco, Conservation International, IUCN und andere involviert sind, beschäftigt sich mit dem Thema seit 2009. Hieraus entwickelten sich viele hilfreiche Erkenntnisse, die eine klimafreundlichere Vorgehensweise unterstützen.
Stella Williams von Mundus maris in Nigeria sprach über die Herausforderung für Frauen in der Fischerei, deren Beitrag in der Wertschöpfungskette häufig noch nicht angemessen wahrgenommen wird. Der Wandel in diesem Bereich vollzieht sich nur langsam, obwohl die Gleichstellung der Geschlechter und die Gleichberechtigung Ziel # 5 der Nachhaltigkeitsziele ist. Organisationen, die eine Politik der Gleichberechtigung der Geschlechter leben und anwenden, können hier größere Fortschritte vorweisen und entwickeln sich zu Arbeitgebern mit Chancengleichheit. Folien zum Thema hier.
Aliou Sall von Mundus maris im Senegal sprach über die Bedeutung der sozio-anthropologischen Dimension von Forschungsprogrammen und öffentlicher Fischereipolitik. Wenn soziale und kulturelle Aspekte zugunsten scheinbar modernerer und technokratischer Ansätze gegenüber dem Fischereisektor vernachlässigt werden, könnte das negative Auswirkungen auf des Ergebnis der Sektorpolitik haben. Dies gilt besonders, wenn die weitgehend informellen handwerklichen Bereiche der Fischerei sehr groß und wichtig sind wie in seinem Land.
Gabriel Blanco vom Nationalen Institut für Forschung und Entwicklung im Bereich der Fischerei (INIDEP) und ehemaliger Leiter des Beobachterprogramms an Bord von Fischereischiffen setzte sich engagiert für die Betrachtung der Fischerei als komplexes Ökosystem ein. Er propagierte einen Wechsel im Management von der Betrachtung der Bestände einzelner Arten hin zur Untersuchung von Lebensgemeinschaften, aber forderte auch soziale, wirtschaftliche und ökologische Dimensionen der Fischerei zu berücksichtigen.
Patricia Morales von der Katholischen Universität Leuven, Belgien, war die letzte Vortragende im Vormittagsprogramm. Sie sprach die 2030 Agenda mit ihren 17 miteinander verknüpften Nachhaltigkeitszielen an und was diese für die Zeit nach der Pandemie bedeuten.
Das vielschichtige Programm wurde mit weiteren 5 Vorträgen fortgesetzt. Sie reichten von einem Vortrag über Biodiversität und Fischerei im Korallendreieck des Indo Pazifiks von Simona Boschetti von Mundus maris, faszinierender Detektivarbeit über Gehörsteine bei Fischen von Alejandra Volpedo, Direktorin des Forschungsinstitut für Tierzüchtung (Animal Production Research Institute) von CONICET in Argentinien, bis zu drei Beiträgen über besorgniserregende Aspekte der Wasserverschmutzung, einschließlich Quecksilber und Mikroplastik. Die vollständige Video-Aufzeichnung finden Sie hier.
(1) Sumaila, U.R., Zeller, D., Hood, L., Palomares, M.L.D., Li, Y. and Pauly, D. (2020). Illicit trade in marine fish
catch and its effects on ecosystems and people worldwide. Sci. Advances, 6, eaaz3801
Deutsche Übersetzung: Claudia Mense.