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Beau Dick (†) aus Kanada

mit Masken aus dem Zyklus „Königreich in den Tiefen des Meeres" ("Untersea Kingdom”)

Beau Dick - Maske aus der Sammlung Königreich in den Tiefen des MeeresBeau Dicks Name bedeutet in der Kwakw’ala-Sprache „großer, mächtiger Wal“. Seine Schnitzarbeiten stellen häufig Dzunuk’wa dar, die „Wilde aus den Wäldern“, sowie ihr männliches Pendant Bakwas. Diese beiden übernatürlichen Gestalten beherrschen die Kosmologie der Kwakwaka ʹwakw und dementsprechend auch die Kunst von Beau Dick. Bakwas ist ein Räuber der Seelen. Er ködert seine Opfer mit vergifteter Nahrung – Kröten, Schlangen, Echsen und Maden. Wer seine Gaben verspeist, wird selbst zum Bakwas und bleibt für immer im Haus der Geister gefangen. Dzunuk ʹwa ist Kannibalin. Sie trampelt durch die Wälder, schnappt sich ungehorsame Kinder und steckt sie in ihren Korb aus Lebensbaumzweigen, um sie später zu fressen. Ihr riesiges Gesicht ist schwarz wie vom Feuer versengt, und ihre roten Lippen sind stets geschürzt, als riefe sie „HUU! HUU!“

Dick schnitzt nicht einfach Masken, sondern Lebewesen mit einer großen Bedeutung außerhalb des begrenzten Bereichs zeitgenössischer Kunst. Er untergräbt beharrlich ihren Status als Kunstware. 2012 entfernte er vierzig Atlakim-Wald-Masken von den Wänden seiner Galerie und brachte sie zurück zu seiner Dorfgemeinschaft in Alert Bay. Dort ließ man sie ein letztes Mal tanzen, bevor sie feierlich verbrannt wurden. Die Zerstörung schließt eine Wiedergeburt ein, da sie die lebenserhaltende Verantwortung mit sich bringt, eine neue Serie von Masken zu schnitzen.

 

Beau Dick - Masken aus der Serie „Königreich in den Tiefen des Meeres" ("Undersea Kingdom")

In seiner ererbten Position als Chief ist der 1955 geborene Künstler innerhalb seiner Gemeinschaft äußerst aktiv. Kaum hat man mit der Fähre angelegt, zeigt sich seine Handschrift in geschnitzten Totempfählen hoch oben auf dem Hügel bis zu Gedenkpfählen am Ufer der Bucht. Seit einiger Zeit gelingt es ihm, Menschen außerhalb seiner Dorfgemeinschaft zu mobilisieren. Im Februar 2013 marschierte er auf Anregung der Aktivistengruppe Idle No More und seiner Töchter Linnea und Geraldine von Quatsino in Richtung Süden nach Victoria (British Columbia), wo er vor etwa 3.000 Anhänger_innen auf den Stufen des regionalen Legislative Assembly eine „Nunmgala“ genannte Kupferplatte zerbrach. 2014 versammelte er eine noch größere Zahl von Unterstützer_innen am Parliament Hill in Ottawa und zerbrach auch dort eine Kupferplatte. Als Schöpfer von Ungeheuern entlarvt er nun auch Ungeheuer anderer Art. Denn das rituelle Zerbrechen der Kupferplatten vor den beiden Sitzen der Macht ist ein Aufruf zum Widerstand gegen Kolonialismus und Kapitalismus: „Indem wir diese Platte brechen, wenden wir uns gegen die Tyrannei und Unterdrückung eines Staates, der die Menschenrechte missachtet und sich für den allmächtigen Dollar von der Natur abwendet. Wir handeln im Einklang mit unseren Gesetzen.“

— Candice Hopkins

Gepostet in Public Exhibition
Exzerpt vom documenta 14: Daybook

 

Beau Dick - Zeremonienmaske aus der Serie Königreich in den Tiefen des Meeres - Undersea Kingdom

Beau Dick - weitere Masken aus der Serie „Königreich in den Tiefen des Meeres" ("Undersea Kingdom")

Beau Dick ist von uns gegangen ohne das Ende der documenta 14 zu erleben, wo seine Masken aber weiter einen tiefen Eindruck auf die vielen Besucher ausübten. Wir behalten Beau Dick nicht zuletzt deshalb in besonders gutem Andenken, weil er uns 2014 auf den nicht besetzten Gebieten der First Nations in British Columbia zum International Roundtable am Peter Wall Institute for Advanced Studies an der University of British Columbia, Vancouver, willkommen geheißen hat. Er teilte großzügig mit uns Einsichten aus seinem politischen Kampf gegen Unterdrückung und für Versöhnung und zeigte uns eine Auswahl seiner beeindruckenden Kunstwerke, die uns zutiefst mit seiner Menschlichkeit berührten.