Der Ozean ist durch zahlreiche menschliche Aktivitäten beeinträchtigt. Der One Ocean Summit in Brest, Frankreich, im Jahr 2022 hat jedoch gezeigt, dass der Ozean als globales Gemeingut anerkannt ist und auf der globalen politischen Agenda steht. Auf der zweiten UN-Ozeankonferenz in Lissabon im vergangenen Jahr wurde die Einrichtung eines Internationalen Gremiums für die Erhaltung der Ozeane (International Panel for Ocean Sustainability, IPOS) gefordert. Ziel ist es, technokratische und fragmentierte Ansätze in Bezug auf den Ozean durch ein umfassenderes, transdisziplinäres und inklusiveres Verständnis und eine deutlich verbesserte Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik zu ersetzen. Auf diese Weise soll die Verwirklichung des Ziels 14 für nachhaltige Entwicklung „Leben unter Wasser“ unterstützt werden. Auf Einladung des EU-Rates hat die Europäische Kommission (GD MARE) die Einschätzung der Meeressituation in Auftrag gegeben, um die Machbarkeit des IPOS zu demonstrieren.
Die Veranstaltung, die am 15. November 2023 im Europäischen Parlament stattfand, bot die Gelegenheit, die Ergebnisse dieser Bewertung zu präsentieren. Außerdem konnten die Notwendigkeit und die Hauptziele im Hinblick auf die Verbesserung der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik für den Ozean sowie die Verbindungen zwischen IPOS und der EU-Agenda für die internationale Meerespolitik diskutiert werden. Zu den Gästen zählten Mitglieder der Europäischen Kommission, Europaabgeordnete, Politiker, Wissenschaftler und Praktiker.
Im Zuge der Bewertung der Situation der Ozeane wurden 35 globale Studien untersucht, die anhand von 77 Kriterien in acht Kategorien geprüft wurden. Dabei ergaben sich für drei große Kategorien interessante Erkenntnisse im Hinblick auf ihr Potential, wichtige Informationen für politische Entscheidungsprozesse zu liefern. Ihre Vollständigkeit, ihre Legitimität in den Augen der politischen Entscheidungsträger und die Wirksamkeit der Botschaften. Die Analyse der globalen Studien wurde durch halbstrukturierte Interviews mit 25 Fragen ergänzt, um den Stellenwert von für Ozeanthemen zu messen und die Positionierung eines zukünftigen IPOS zu bestimmen. Schließlich führte eine Reihe von Multi-Stakeholder-Workshops mit dem Ziel der gemeinsamen Gestaltung zu sechs potenziellen Konfigurationen für IPOS.
Nur vergleichsweise wenige Berichte befassten sich eingehend mit der Thematik des Ozeans. Häufig fehlte die Inklusivität. Selbst Berichte mit gründlichen Analysen waren nur unzureichend in der Lage, ihre Erkenntnisse in potenzielle Maßnahmen umzusetzen, die in politischen Verhandlungen berücksichtigt werden könnten. Analysen der sozialen und wirtschaftlichen Kosten und Vorteile sowie der Bereiche, in denen es zu Zielkonflikten kommt, waren zumeist nicht ausreichend ausgearbeitet oder fehlten ganz.
Dies spiegelte sich auch in der qualitativen Analyse wider, wie in einigen Schlüsselzitaten unten dargestellt. Die Arbeit in isolierten Gruppen (Silos) war eindeutig ein großes Hindernis für die Einbringung der dringend benötigten, sehr unterschiedlichen Kenntnisse und Erfahrungen in die Lösungsfindung.
Die nachstehende Übersichtstabelle veranschaulicht, wie die wichtigsten Berichte im Vergleich abschneiden. Sie zeigt, dass in der Tat ein umfassenderes, integratives und handlungsorientiertes Gremium benötigt wird, das sich auf die Nachhaltigkeit der Ozeane konzentriert. Botschafter Olivier Poivre d'Arvor, Sondergesandter des französischen Staatspräsidenten für die UNO-Ozeankonferenz in Nizza, Frankreich, im Jahr 2025, erwartet, dass die Einrichtung eines IPOS eines der beiden wissenschaftlichen Ergebnisse der UNOC3 sein wird. Er ist der Ansicht, dass die Kryosphäre eine wichtige Rolle bei der Berichterstattung über den Zustand der Ozeane spielen wird, da der dramatische Rückgang der Eisschilde an den Polen jeden zehnten Menschen in den Küstengebieten betreffen wird. Außerdem wird der Rückzug der Gebirgsgletscher in den nächsten Jahrzehnten die Wasserversorgung von 2 Milliarden Menschen sehr direkt beeinflussen. Er sagte seine Unterstützung für eine Dekade der Vereinten Nationen für Polar- und Gletscherforschung 2025 bis 2034 zu und forderte die Wissenschaft auf, wichtige Impulse für die Diplomatie liefern, um den damit verbundenen Bedrohungen zu begegnen.
In der Debatte mit mehreren anderen Rednern mahnte Brian O'Riordan, Senior Adviser von LIFE, der Plattform der Organisationen der handwerklichen Fischerei in Europa, an, dass ein spezieller Mechanismus erforderlich sei, um eine sinnvolle Interaktion zwischen IPOS und der handwerklichen Fischerei und den indigenen Gemeinschaften zu gewährleisten, wenn man die Einbeziehung ernst nehmen wolle.
Geneviève Pons, Generaldirektorin und Vizepräsidentin des Jacques-Delors-Zentrums für Europa, forderte die Teilnehmer auf, sich auf die Zusammenarbeit und den kontinuierlichen Austausch zu konzentrieren und dabei berechtigte Eigeninteressen und nationale Interessen nicht aus den Augen zu verlieren. Sie wies darauf hin, dass die Vertreter der Staaten empfindlich auf Partikularinteressen reagieren könnten, die ihre Wirtschaft oder ihre politische Landschaft betreffen. Sie erläuterte, dass die typische Taktik zur Verhinderung von Veränderungen darin bestehe, ein Institut zu zitieren, das nicht mit der Mehrheit der Wissenschaft übereinstimmt. Dies habe man bei den Auseinandersetzungen um Glyphosat, bei anderen agrarpolitischen Themen und z.B. bei den Schwierigkeiten, sich auf Meeresschutzgebiete und nicht nur auf Papierparks zu einigen, gesehen.
Sie war der Meinung, dass eine Einigung auf globale Messgrößen zur Bewertung des Temperaturanstiegs, der Versauerung und des Meeresspiegelanstiegs unerlässlich sei, um die Zivilgesellschaft überall mit ins Boot zu holen. Anschließend sei es wichtig, die Ergebnisse in internationale und nationale Verpflichtungen und Vereinbarungen zu übersetzen, die von Forschern, Politikern und der Zivilgesellschaft überwacht werden könnten.
Ein Denkanstoß auf dem Weg zur UNOC3 im Jahr 2025 und darüber hinaus.
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Deutsche Übersetzung von Claudia Mense.