Brüssel, 23. November 2017 - Der hochrangige Workshop im Europäischen Parlament mit gut informierten Rednern, darunter Vertreter von Interpol und dem Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung, wurde von Ricardo Serrão Santos, MdEP und Vorsitzender der Arbeitsgruppe Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen der EP-Intergruppe "Klimawandel, biologische Vielfalt und nachhaltige Entwicklung" und Alain Cadec, MdEP und Vorsitzender der Arbeitsgruppe Fischerei, Aquakultur und integrierte Meerespolitik einberufen.
Straftaten in der Fischereiindustrie haben viele Gesichter. Dokumentarischer Betrug, Steuerhinterziehung, Geldwäsche, Zwangsarbeit, Menschenhandel, organisiertes Verbrechen, illegale Fischerei und Korruption zählen zu den häufigsten und schwerwiegendsten Verstößen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Fischwirtschaft. Die Art und Weise, in der sich diese kriminellen Praktiken in den letzten Jahrzehnten entwickelt haben, übersteigt bei weitem die traditionellen Definitionen von Fischereiressourcenmanagement und -schutz. Ihre Bekämpfung erfordert eine Arbeit, die weit über den Bereich der Fachabteilung in Fischerei- oder Landwirtschaftsministerium und ihrer nachgeschalteten Behörde hinausgeht. Sie erfordert enge Zusammenarbeit mit den Steuer- und Gesundheitsbehörden, der Polizei, der Küstenwache und anderen öffentlichen Einrichtungen. Selbst in Industrieländern sind die Regeln und Prozeduren für eine reibungslose Zusammenarbeit von Behörden und Institutionen nicht immer klar definiert und unzureichende Kapazitäten vorhanden, um die weit verbreiteten Straftaten einzudämmen.
In Entwicklungsländern sind die öffentlichen Verwaltungen noch weniger auf diese gewaltige Aufgabe vorbereitet. Eine besonders schlimm betroffene Region ist Westafrika, wo fast 50% aller Fänge illegal, unregistriert und unreguliert (IUU) sind. Nach kürzlich veröffentlicher Forschung kostet das diese Länder jährlich geschätzte zwei Milliarden Dollar entgangener Einnahmen! (1,2)
Die schlimmsten Delinquenten sind Industrieschiffe, die oft grenzüberschreitend operieren. Dies macht die Verfolgung besonders schwierig. Aus den Vorträgen von Olga Kuzmianok vom Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) und Alistair McDonnel von Interpol wurde sofort klar, dass die Täter recherchieren, inwieweit die Länder über funktionierende Verwaltungs- und Kontrollverfahren verfügen und begehen administrative Verstöße und kriminelle Straftaten selektiv in denen, die schlecht darauf vorbereitet sind, sie zu bekämpfen. Darüber hinaus ist es nicht ungewöhnlich zu beobachten, dass ein und dasselbe Schiff teilweise legal unter der Lizenz eines Zugangsabkommens operieren kann, aber auf IUU-Fischerei opportunistisch ausweicht.
Olga Kuzmianok gab die detailliertesten Beschreibungen für die häufigsten beobachteten Deliktsarten in jeder Phase der Wertschöpfungskette der Fischerei, von der Vorbereitung, über die Fischerei bis zur Konditionierung, Verarbeitung, Beförderung und Vermarktung. Betrug, Fälschung und Korruption waren bei jedem Schritt zu beobachten. Zwischen der IUU-Fischerei oder direkt mit der Fischerei zusammenhängenden Straftaten und der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität gab es erhebliche Überschneidungen.
Aus Erfahrung stellte sie fest, dass der traditionelle Compliance-Ansatz in der Fischerei nicht ausreiche, um die damit verbundenen Straftaten zu bekämpfen. Die IUU-Fischerei kann nicht länger isoliert von anderen kriminellen Praktiken entlang der Wertschöpfungskette der Fischerei betrachtet werden. Sie unterstrich die Notwendigkeit, die Verbindungen zwischen illegaler Fischerei und organisierten Verbrechen entlang dieser Wertschöpfungsketten zu prüfen. Ihr Büro habe beobachtet, dass es oft einfacher sei, die Verfehlungen von Seiten der Wirtschaftskriminalität anzugehen, da die öffentlichen Verwaltungen, die sich mit dieser Art von Kriminalität befassten, oft aufmerksamer vorgingen, während die Rechtsvorschriften des Fischereisektors in einer Reihe von Ländern die illegale Fischerei gar nicht als Straftat anerkennen.
Die Fischereikriminalität in ihren verschiedenen Erscheinungsformen ist im Wesentlichen eine Wirtschaftskriminalität, die entweder begangen wird, um die Gewinne von nach außen legitimierten Unternehmen zu erhöhen oder die organisierte Kriminalität zu erleichtern. Der Fischereiteil besteht in der Regel in zwei Varianten: das Recht auf illegale Fänge oder auf betrügerische Produktverkäufe (Menge, Qualität, Arten). Der Bereich der organisierten Kriminalität umfasst auch zwei Hauptarten: Verbrechen zur Abfischung hochwertiger Bestände und Straftaten, bei denen die Fischerei als Front für den Menschen- und Drogenhandel genutzt wird.
As for compliance strategies, she distinguished four tiers for the attitudes of economics agents and the most effective response of public authorities. The first tier agents were willing to do the right thing and its was important to make it easy for them to comply. The second tier tried to comply, but did not always succeed. Support towards compliance was the most appropriate answer in this case. The third tier was not intent on compliance but would, if faced with strong monitoring, control and surveillance, which was, infact, the right response towards these agents. Only the last tier put considerable criminal energy into non-compliance and then needed to be pursued with the full force of law enforcement.
Was die Compliance-Strategien anbelangt, unterschied sie vier Typen für die Einstellung der Wirtschaftsvertreter und die wirksamste Reaktion der öffentlichen Behörden. Die Agenten des ersten Typs sind bereit, das Richtige zu tun, und es ist wichtig, ihnen die Einhaltung der Regeln zu erleichtern. Der zweite Typ Akteure versucht den Regeln zu entsprechen, ist aber nicht immer erfolgreich. Die Unterstützung der Einhaltung ist in diesem Fall die angemessenste Antwort. Der dritte Typ ist nicht auf die Einhaltung der Vorschriften ausgerichtet, würde sich aber fügen, wenn er einer starken Überwachung und Kontrolle ausgesetzt wäre, was in der Tat die richtige Antwort auf diese Akteure darstellt. Nur der letzte Typ setzt erhebliche kriminelle Energie in die Nichteinhaltung der Gesetze und Regeln und muss dann die volle Kraft der Strafverfolgung zu spüren bekommen.
Der Prozentsatz der erfolgreichen Verfolgung von Straftaten ist gering, obwohl einige sehr eklatante Fälle belegen, dass dies möglich ist. Die Entwicklung und Einspeisung von Daten in Kriminalitätsdatenbanken durch gezielte Forschung und die Bereitstellung von Kapazitäten für deren Nutzung gehören zu den ersten Empfehlungen zur Steigerung der Erfolgsquote. Die Stärkung nationaler und internationaler Netzwerke von Agenturen, die für verschiedene Aspekte der Kriminalität zuständig sind, ist ein weiterer wichtiger Teil einer Erfolgsstrategie. Hier klicken, um die Folien zu sehen.
Alistair McDonnell von der Abteilung für Umweltsicherheit von Interpol erläuterte praktische Erfahrungen darüber, wie leicht es für die Ermittler sei, durch Hinweise auf geringfügige Verstöße irregeführt zu werden, während große Steuerhinterziehung, Betrug oder Schlimmeres "hinter ihrem Rücken" vor sich gingen. Er ging eingehend auf die Schwierigkeiten ein, das Bewusstsein in den vielen Verwaltungen und Behörden zu schärfeb, die für verschiedene Aspekte der organisierten Kriminalität verantwortlich sind, und sie von der Notwendigkeit einer breit angelegten Zusammenarbeit zu überzeugen. Interpol unterstützt den Aufbau von Kapazitäten, indem es zB hilft, klare Regeln für die Zusammenarbeit aufzustellen, um eine solche Zusammenarbeit zu ermöglichen. Diese spielten eine besondere Rolle, wenn es um eine noch anspruchsvollere Zusammenarbeit bei der Unterdrückung transnationaler Kriminalität geht. Hier klicken, um die Folien zu sehen.
Mehrere andere Repräsentanten internationaler organisationen und nationaler Fischereibehörden sprachen über ihre Erfahrungen und einzelne Fälle. Der eingeladene Beitrag der Zivilgesellschaft von Steve Trent von der Environmental Justice Foundation konzentrierte sich auf Menschenhandel und andere illegale Praktiken. Er unterstrich das Argument für Gegenmaßnahmen mit einem kurzen Video, das einige der erschreckenden Realitäten vor Ort veranschaulichte. Die wichtigsten Forderungen nach Abhilfemaßnahmen waren
- obligatorische Schiffsüberwachungssysteme
- öffentlich verfügbare Schiffslizenzlisten
- obligatorische Verwendung von digitalen Logbüchern, Mannschaftslisten und öffentlich zugänglichen Fang-, Lande- und Lizenzzertifikaten
- eine weltweite Aufstellung von Fischereifahrzeugen auf der Grundlage eindeutiger Schiffskennzeichen (UVIs), möglichst dazu IMO-Nummern verwenden.
Mundus maris hat ein Poster gestaltet, das einige der wichtigsten Aspekte zusammenfasst, das erstmals auf der diesjährigen EGU Konferenz im April vorgestellt wurde. Wir sind auch unter den Unterstützern der Aufforderung an die Versicherungswirtschaft, die von OCEANA koordiniert wird und darauf abzielt, bekannte IUU-Schiffe nicht mehr zu versichern. Diese Initiative bekommt allmählich Resonanz bei einigen Versicherern und Agenten. Es ist klar, dass es wichtig ist, das öffentliche Verständnis dafür zu verändern, was im kriminellen Teil der Fischereiindustrie vor sich geht. Der Arbeit der Behörden, die Verbrecher zurück zu drängen, wird erleichtert, wenn zivilgesellschaftliche Organisationen die Erforschung der kriminellen Praktiken unterstützen, die Sensibilisierung gegenüber den schweren Verbrechen stärken und wenn sich ehrliche Firmen aktiv darum bemühen, Transaktionen mit den Kriminellen zu vermeiden.
Weitere Informationen zur Konferenz im Europäischen Parlament gibt es hier.
(1) Belhabib D, Sumaila UR, Lam VWY, Zeller D, Le Billon P, Abou Kane E, et al. (2015). Euros vs. Yuan: Comparing European and Chinese Fishing Access in West Africa. PLoS ONE 10(3): e0118351. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0118351
(2) Doumbouya A, Camara OT, Mamie J, Intchama JF, Jarra A, Ceesay S, Guèye A, Ndiaye D, Beibou E, Padilla A and Belhabib D (2017). Assessing the Effectiveness of Monitoring, Control and Surveillance of Illegal Fishing: The Case of West Africa. Frontiers in Marine Science, Vol. 4, Art. 50:10 p. https://doi.org/10.3389/fmars.2017.00050